04.05.2025

80 Jahre Kriegsende. Eine Gesellschaft, völlig versunken im Krieg mit sich selbst. Spaltung, Selbsthass wohin man sieht. Eine Gesellschaft, die nun auch den Krieg im Außen mit Russland sucht. Nein, “aufgearbeitet” wurde hier gar nichts. “Aufarbeiten” heißt, dass Menschen sich emotional von ihren Vorfahren lösen, was hier mehrheitlich nicht passiert. Diese emotionale Verstrickung mit der Geschichte und Schuld anderer verhindert jede Vision einer positiven Zukunft. Es ist eine Art Perversion. Anstatt Geschichte anzuerkennen passiert Selbstzerfleischung. Das Suhlen in ewiger “Schuld”. Die Identifikation mit Schuld und damit die Übernahme einer ewigen Opferrolle anstatt das Tätersein der Ahnen – wirklich – anzuerkennen.  Es ist Täterschutz, man will die Ahnen schützen durch Übernahme von deren Schuld, weil die Mehrheit kein gesundes Ich zur Verfügung hat. Weil die Mehrheit sich über Familie und Herkunft identifiziert.  Ichlose Menschen identifizieren sich mit allem Möglichen. Meine Eltern zum Beispiel haben den Krieg noch als junge Menschen erlebt. Mein Vater kehrte als geschlagener Soldat heim, von einem Regime missbraucht, im Kampf besiegt, in der Gefangenschaft gedemütigt. Das hat Wut erzeugt, bei ihm und bei Millionen anderen. Sich einzugestehen, von einem verbrecherischen Regime missbraucht worden zu sein, konnte er nicht. Die Wut konnte auch nicht an die “Befreier” (in Wahrheit Besatzer) gerichtet werden. So blieb nur die eigene Familie, um den Hass zu entladen. Den eigentlichen Hass auf sich selbst, weil er sich zum Opfer hat machen lassen. Ausbaden mussten es meine Mutter, mein Bruder und ich. Im Krieg meiner Eltern hatte ich nie einen Platz. So habe ich mich mit deren Krieg verbunden, weil es keine Liebe gab. Es ging sicher nicht nur mir so, wenn man sich das Gewaltlevel in dieser Gesellschaft bis heute betrachtet. Besonders die Gewalt gegen Kinder. Weil diese für Leben und Zukunft stehen. Womit die Mehrheit nichts anfangen kann, da sie in der Vergangenheit lebt. Die Suizidalität meiner Eltern sehe ich in dieser Gesellschaft, sie ist allgegenwärtig. Die Mehrheit will untergehen. Vielleicht schafft sie es diesmal endgültig. Denn wer immer noch nicht weiß, wer er ist in Abgrenzung zu seinen Ahnen, weiß auch nicht, was er will, wofür sich denn überhaupt eine lebenswerte Zukunft lohnen soll.